Anker SOLIX Solarbank 2 E1600 Pro
- Tobias Volk
- 25. Mai 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 11. März
Anker SOLIX Solarbank 2 E1600 Pro* - was für ein Name für ein Speichersystem fürs Balkonkraftwerk. Aber die "Pro" von Anker ist in Wirklichkeit auch viel mehr als nur ein Speicher für euer Balkonkraftwerk. Es ist ein All-in-one System mit integriertem Laderegler und Wechselrichter, so dass ihr keinerlei weitere Komponenten benötigt, um eure Solarmodule über die Pro mit dem Stromnetz zu verbinden. MC4-Kabel rein, AC-Kabel rein, fertig. Außerdem hat die Pro eine AC-Steckdose, die Notstrom liefern kann. Dazu aber im weiteren Text noch mehr.

Harte Fakten
4MPPT, bis zu 2400W Anschlussleistung, 1,6kWh Speicher (erweiterbar auf bis zu 9,6kWh), integrierter Wechselrichter mit 800W Leistung, Nulleinspeisung mit eigenem SmartMeter möglich, IP65, Selbstwärmend bis -20 Grad Celsius.

Noch Fragen? Ja, wie sieht es in der Praxis aus? Dazu jetzt mehr:
4MPPT ist auch in der Praxis eine tolle Sache, das Parallel- oder Reihenschalten von Modulen, wie es bei anderen großen Systemen oft nötig ist, entfällt damit. Jedes PV-Modul bekommt seinen eigenen Anschluss und es wird individuell das Maximum an Leistung rausgeholt. Leider lassen sich die einzelnen Modulleistungen nicht separat ablesen, es wird lediglich die gesamte aktuelle PV-Leistung in der App angezeigt. Dadurch bleibt das Menü zwar schlank und übersichtlich, PV-Nerds könnten aber die detaillierte Anzeige vermissen. Der MPP-Trackingmechanismus scheint aber gut zu funktionieren. Meine Vergleichsmessungen mit identischem Modul an einem nicht speichergebundenen Wechselrichter zeigen nur minimale Leistungsabweichungen in der Erzeugung (abgesehen von der ca. 10-15W Startleistung, die bei der Pro benötigt werden, um die stationseigenen Systeme zu versorgen).

Zum Einspeisen in das Hausnetz stehen zwei Modi zur Verfügung: Eigenverbrauch und Benutzerdefinierter Modus. Im Modus Eigenverbrauch orientiert sich die Einspeiseleistung in das Hausnetz am aktuellen Energiebedarf, gemessen mit dem Anker Smart Meter. Dieses muss im Hausanschlusskasten installiert werden und misst die Leistung auf den drei Hausphasen. Diese Werte sendet das Anker Smart Meter an die Pro und die Pro speist dann genau soviel Leistung in das Hausnetz ein, dass der saldierte Phasenbezug Null beträgt.
Im Benutzerdefinierten Modus kann vom Nutzer eine Einspeiseleistung über den Tag frei definiert werden. Frei definiert heißt bei Anker in 30min-Schritten ist die Leistung von 0-800W in 10W-Schritten einstellbar (bspw. 0:00-6:00 100W, 6:00-9:00 200W, 9:00-17:00 120W, 17:00-24:00 300W). Im Gegensatz zum Ur-Anker SOLIX-System (Link führt zum Blog-Beitrag) eine deutliche Verbesserung, weil nun auch Leistungen unter 150W frei konfiguriert werden können.
Eine Weiterentwicklung zum ursprünglichen Anker SOLIX-System (Link führt zum Blog-Beitrag) stellt ferner die parallele PV und Akku-Einspeisung dar. Fällt bspw. die PV-Leistung am Abend unter die eingestellte Soll-Einspeiseleistung in das Hausnetz, dann wird die fehlende Leistung aus dem Akku ergänzt. Zendure konnte das mit der AIO (Link führt zum Blog-Beitrag) und dem Hub2000 schon immer, das Ur-Anker SOLIX-System (Link führt zum Blog-Beitrag) konnte dies jedoch nicht. Hier hat Anker ganz klar auf die Kunden gehört. Danke!
Die Einschwingzeit ist extrem kurz, das bedeutet, dass Änderungen des Leistungsbedarfs sehr schnell und sehr präzise umgesetzt werden. Anker verspricht in der Werbung eine Reaktionszeit von 3sec auf geänderte Messwerte des Anker Smart Meter. Diese Werte muss ich noch durch Messungen bestätigen, allerdings habe ich aufgrund der Geschwindigkeit der Leistungsanpassung bei manueller Änderung des Leistungsbedarfs bislang keine Zweifel an der schnellen und vor Allem präzisen Reaktion des Systems.

Effizienz
Wie sieht es mit der Effizienz des Systems aus? Euch sollte immer bewusst sein, dass jegliche Speicherung von PV-Strom mit Verlusten einhergeht. Verluste durch die Umwandlung der PV-Spannung auf ein für die Akkus verträgliches Spannungsniveau, der Rückwandlung und Umwandlung in Wechselstrom, dem Betrieb der Systeme und der Verluste innerhalb des Akkus. Insgesamt etliche Komponenten, die ihren Tribut fordern.
Exkurs: Speicher für Balkonkraftwerke haben den Vorteil, dass sich die abgeforderten Ausgangsleistungen sehr häufig in einem günstigen Wirkungsgradfenster ihrer eingebauten oder externen Wechselrichter bewegen. Egal, ob leistungsstarker 10kW Wechselrichter oder kleiner 600W-WR für das Balkonkraftwerk. Unterhalb von 5% der Nennleistung wird der Wirkungsgrad so grottig schlecht, dass die gängigen Graphen zur Darstellung der Wirkungsgrade regelmäßig unterhalb von 5% gekappt sind. Nur mal als Hausnummer, damit man eine Vorstellung hat: Bei 5% Leistung liegen die Wirkungsgrade fast aller Systeme zwischen 50% (eher schlechte) und 80% (Top-Systeme). Wollt ihr mit einem 10kW-Wechselrichter also eine 100W Konstanteinspeisung fahren, benötigt ihr 200W aus den Akkus (100W sind 1% Leistung für den 10kW-WR). Macht ihr so eine Konstanteinspeisung mit einem MikroWR mit 600W, dann stellen die 100W Konstanteinspeisung 17% der Nennleistung dar und der WR wird Wirkungsgrade >90% erreichen. Ihr benötigt also nur 110W aus dem Akku. Das ist einer der Hauptgründe, warum (große) Heimspeicher an großen PV-Anlagen selten einen Gesamtwirkungsgrad über 80% im Jahresverlauf erreichen. Leider merkt das aber kaum ein Nutzer, weil entweder der technische Sachverstand fehlt, oder der Speicherhersteller seine Messpunkte so geschickt wählt, dass beim Nutzer der Eindruck eines höheren Wirkungsgrades entsteht (bspw. wird nicht der PV-Eingang gemessen sondern das, was in die Batterie nach Umwandlung durch den Laderegler eingespeist wird; auf der Ausgangsseite wird dann auch nur bis vor den Wandlungspunkt nach AC gemessen, nicht aber einschließlich AC-Wandlung).
Die Anker SOLIX Solarbank 2 E1600 Pro* habe ich mit einem Zusatzakku* getestet und konnte folgende Messwerte erzielen (Messbedingung: 150W Konstanteinspeisung 0-24Uhr, 2 PV-Module mit je 320Wp, SW, 15°, 10% untere Ladegrenze, Einspeisewerte gemessen mit Shelly Plus Plug S*, Vergleich mit PV-Einspeiseleistung eines identischen Moduls in identischer Ausrichtung an einem Hoymiles HM-300):

Bei Sonne (4,5-6kWh/kWp/Tag): 90%
Erklärung: im Vergleich zum Referenzsystem ohne Speicher kommen beim Anker-System 90% der Leistung im Hausstromnetz an. Den bislang besten Wert erreichte hier (Stand Mai 2024) die EcoFlow PowerStream an DELTA Pro (Link führt zum Blog-Beitrag) mit 94%.
Bei gemischter Bewölkung (2,5-3,5kWh/kWp/Tag): 88%
Stand Mai 2024 bester Wert Zendure Hub2000 an AB2000 mit 91%, schlechtester Wert ein noch anonymes System im Beta-Test mit 79%.
An Regen/Wintertagen (1-1,5kWh/kWp/Tag): 79% (derzeit Mai 2024 noch vorläufig, weil der schlechteste Messwert bei 2,4kWh/kWp/Tag gemessen wurde und damit nicht ganz der Definition eines Regen/Wintertages entspricht).
Stand Mai 2024 bester Wert Zendure Hub2000 an AB2000 mit 79%, schlechtester Wert ein noch anonymes System im Beta-Test mit 41%.
Was folgt daraus? Insbesondere, dass ihr euch gut überlegen solltet, ob ihr den Speicher auch im Winter betreiben wollt - insbesondere, wenn der Speicher draußen stehen soll und sich auch noch selbst erwärmen muss.

In einem weiteren Test habe ich die Entnahmekapazität des Akkus getestet. Die Pro und ein Zusatzakku waren bei Testbeginn randvoll (1600Wh+1600Wh). Ich habe dann mit 400W konstant in das Hausnetz einspeisen lassen und gemessen, was im Hausnetz ankam (gemessen mit Shelly Plus Plug S*). Entladegrenze war auf 10% gesetzt. Ergebnis: 2,7kWh. Das sind bei 2,88kWh zur Verfügung stehender Kapazität (3200Wh*0,9) 93,7% Wirkungsgrad. Das hat mich sehr positiv überrascht, immerhin muss der interne Wechselrichter 16V Gleichstrom aus den Akkus in 230V Wechselstrom wandeln. Offensichtlich sind hier aber qualitativ hochwertige Komponenten verbaut, die nur sehr geringe Wärme abgeben. Glückwunsch, Anker!
Notstrom
Notstrom gibt es an der Pro in Form einer Steckdose, die 1000W liefern kann. Aber nur, wenn keine Verbindung zum Hausnetz besteht. Dann schaltet intern ein Relais (oder Schütz) um und gibt den Notstromanschluss frei, der sonst gesperrt ist. Wer diesen Anschluss an Tagen ohne echten Stromausfall nutzen möchte, der muss entweder den AC-Stecker vom Hausnetz trennen oder die Trennung mit einer Schaltsteckdose herbeiführen.
Beachten sollte man, dass die Notstromfunktion (zumindest in dem von mir getesteten System im Mai 2024 mit der Beta-Version der App) nicht deaktivierbar ist. Klingt nicht dramatisch - hat in der Praxis aber zur Konsequenz, dass pro Tag ca. 9% des gespeicherten Stroms einfach verpuffen (mein Pro-System mit einem Zusatzakku hat sich von 81% auf 72% innerhalb 24h entladen - ohne angesteckten Verbraucher). Das sind immerhin 288Wh pro Tag oder umgerechnet dauerhaft 24W Standby-Verluste. Abhilfe schafft nur ein komplettes Deaktivieren des Gesamtsystems.



Positiv an der Notstromfunktion ist, dass trotzdem PV-Strom erzeugt und in die Akkus gespeist werden kann. Im Sommerhalbjahr hilft das, um die kritischen Verbraucher des Haushalts (Kühlschrank, Tiefkühlschrank, Sauerstoffgerät, etc.) mit Strom zu versorgen. Im Winter dürfte das aufgrund der Standby-Verluste deutlich problematischer werden. Hier empfiehlt sich dann im Falle des Stromausfalls ein hartes Ausschalten der Pro und eine Stromversorgung nur alle 8h für 2h (was für Tiefkühlgeräte in der Regel auch ausreichend ist).


Fazit
Die Software läuft stabil, eine Einspeiseergänzung aus dem Akku funktioniert nun gleichzeitig, genau so wie Laden und Einspeisen. Die Regelung der Leistung ist sehr präzise und eine Nulleinspeisung (oder bedarfsgerechte Einspeisung) ist mit dem Anker Smart Meter möglich. Das System ist erweiterbar und bietet eine Notstrom-Steckdose. Einziger Kritikpunkt von meiner Seite ist die noch fehlende Bypass-Schaltung, wenn früh morgens die PV-Leistung noch unterhalb der gesetzten Einspeiseleistung liegt. Dann speichert die Pro den ganzen PV-Strom zunächst in den Akku, was unnötige Verluste mit sich bringt und in der Überganszeit die Gesamtausbeute des Systems schmerzhaft mindert.
Die Pro ist wesentlich höher gepreist, als das Konkurrenzsystem von Zendure (Hub2000 mit AB2000)*. Allerdings bietet Anker dafür vier echte PV-Eingänge mit je einem eigenen MPPT und eine Notstromfunktion. Das Gesamtpaket ist also umfangreicher als bei allen Konkurrenten.
Wer ein Speichersystem für sein Balkonkraftwerk benötigt, ist mit dem Anker SOLIX Solarbank E1600 Pro* definitiv gut beraten. Bei eBay gibt es mittlerweile extrem günstige Angebote für das Startsystem* und die Erweiterungsakkus*. Stand Februar 2025 ist das System mein persönlicher Favorit in diesem Marktsegment, weshalb das Gerät mit einem Zusatzakku seit 1.Juni letzten Jahres auch im Regelbetrieb bei meinen Eltern läuft.
Update September 2024
Nach drei Monaten im Regelbetrieb habe ich einige Erfahrungen gesammelt und Messwerte für euch aufgezeichnet. Alles dokumentiert im neuen Video auf meinem YouTube-Kanal und hier für euch eingebettet:
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